Offener Brief DFB – One Love Kampagne
Lieber DFB, Liebe Mannschaft, Liebe Verbündete,
manchmal schaut man in die Welt und bemerkt, dass Kampagnen, die eigentlich eine gute Absicht haben, in Wirklichkeit reine Farce sind. So auch euer Vorstoß unter dem Hashtag #OneLove eine Gemeinschaftskampagne für #Vielfalt und gegen #Diskriminierung zu launchen.
Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht!
Ihr steht mit mehreren Nationalverbänden zusammen dafür ein, was eigentlich schon lange vor der Vergabe der WM nach Katar in euren Grundsätzen verankert war: Vielfalt, Toleranz, Miteinander und Menschenrechte.
Und dennoch habt ihr alle in den letzten Jahren zugesehen, wie Menschen sterben, Menschenrechte missachtet wurden und trotzdem Millionenverträge geschlossen, die gegen jede Vernunft sprechen.
Ihr seid nicht laut gewesen. Ihr seid nicht zusammen gekommen, um aus eigenen Impulsen tätig zu werden. Ihr habt immer noch keine Haltung gezeigt und euch als Verbände gegen die Geschehnisse vor Ort, Katar als Gastgeberland und die verantwortliche FIFA positioniert.
Ihr schweigt und werdet nur tätig, wenn das Image vom Fußball leidet. Wenn Werbeverträge platzen, Lizenzrechte nicht genutzt werden, Spiele nicht übertragen werden sollen und somit der eigene Marktwert sinkt. Schämt euch!
#DONTKICKLGBTIQRIGHTS
Bereits zur EM 2020 haben wir, der CSD Deutschland e.V., auf die Missstände im Sport, die Missachtung von Menschenrechten in Ländern von Turnierteilnehmenden und die Scheinheiligkeit der UEFA hingewiesen.
Unter der Kampagne #DONTKICKLGBTIQRIGHTS haben wir zusammen mit Verbündeten Flagge gezeigt, Farbe bekannt und den Regenbogen in und an die Stadien gebracht. Eure Verbandsmitglieder waren es, die die Botschaft weitergetragen haben, ohne von euch Unterstützung zu erfahren.
Abermals schafft ihr, als wohl größter und bekanntester Verband mit mehr als sieben Millionen Mitgliedern, zu ignorieren, was die Mehrheit beschäftigt. Abermals schafft ihr es nicht, euch gegen Geldgeber und Macht zu positionieren. Abermals schafft ihr es nicht, mit denen zu sprechen, die sich auskennen: Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* Personen, inter* Menschen und alle anderen Queers und Minderheiten, die von dieser Fußball-Weltmeisterschaft mit Füßen getreten werden.
“Wenn ich in ein Land reise, in dem nicht ganz klar ist, ob ich eingesperrt werde oder sogar zu Tode verurteilt werden kann, dann ist das einfach falsch. Da darf kein Fußballturnier stattfinden.”
Ex-Nationalspieler Thomas Hitzelsperger
im Podcast der DFB Stiftungen “Mehr als ein Spiel” zu Katar als WM-Gastgeberland.
Eure spezielle Kapitänsbinde soll Vielfalt demonstrieren, zeigt aber eigentlich nur, welche Angst ihr als Verband vor FiFA und Sponsoren habt. Denn wer wirklich glaubwürdig sein möchte und sich gegen Diskriminierung stark macht, wer für Menschenrechte einstehen möchte und Vielfalt tatsächlich transportieren möchte, der sollte auch das nötige Rückgrat besitzen. Gerade in einem Land wie Katar, in dem Menschen aufgrund verachtender Gesetze sterben, in dem freie Entfaltung der Person eingeschränkt und Individualität verboten sind, bedarf es Haltung.
Auch wenn ihr euch gegen euren Geldgeber, die FIFA positioniert, und vor Ort gegen geltendes Recht verstoßen würdet, so kann euch der Schutz als “Big-Player” auch in Katar garantiert werden. Oder denkt ihr allen Ernstes, dass ein ganzes Team, eine ganze Nationalmannschaft, verhaftet werden würde, nur weil sie auf dem Platz einen stillen – ABER WIRKUNGSVOLLEN – Protest zeigt?
Welche internationalen Reaktionen gäbe es, wenn die Scheichs von Katar sich gegen eine Regenbogenbinde positionieren und nochmals deutlich machen, wie egal ihnen die Menschenrechte im eigenen Land sind?
Daher fordern wir euch auf:
Gebt eurer Kampagne Glaubwürdigkeit! Anstatt eine eigene Farbskala zu kreieren steht der Regenbogen weltweit für Vielfalt, Gleichberechtigung und Frieden! Nutzt den Regenbogen für eure “One Love” – Kampagne.
Außerdem fordern wir, dass bei allen zukünftigen Abstimmungen die Menschenrechtslage ein wesentlicher Bestandteil der Auswahlkriterien von Austragungsländern sein muss. Auch um den Preis, die Teilnahme in solchen Ländern zu verweigern. Der deutsche und der europäische Fussball haben diese Kraft. Denn der europäische Markt ist weiterhin der wichtigste Ort für den internationalen Fussball.
Nutzt diese Verantwortung und lasst eurer Charta für Ethik Taten folgen.
CSD Deutschland e.V.
Der Vorstand