In den letzten Monaten konnte man in Teilen der Community etwas beobachten, das im ersten Moment seltsam anmutet. Vor allem, da es an das Agieren rechts-konservativer Kreise erinnert und deren Sprache aufgreift. Da demonstrieren lesbische Frauen beim CSD gegen trans* Menschen. Da propagieren schwule Männer ihre klare Abgrenzung gegen trans* Menschen. Sogar noch weit mehr als das. Von Gendergeschrille und Transterrorismus ist zu lesen, von LGB without the T. 

Es ist nicht mehr und nicht weniger, als eine Dämonisierung von Trans*Menschen. Es wird in populistischer Manier mit unbegründeten Ängsten gespielt und eine Personengruppe gezielt und pauschal abgewertet und ausgegrenzt. 

Gibt es einen Sturm oder gar Gewitter unterm Regenbogen? 

Deutlich und klar sagen wir: Nein!

Wer Menschen ihre Existenz oder ihre Identität abspricht, steht nicht mit uns unterm Regenbogen. 

Der Regenbogen ist unser gemeinsamer Schirm als LGBTIQ* – Gemeinschaft. Unser Zusammenstehen schützt uns eben gegen die Gewitter, denen wir immer noch und vor allem wieder deutlich mehr ausgesetzt sind. Wer so handelt, wie oben beschrieben, steht aus unserer Sicht nicht mehr mit uns zusammen unterm Regenbogen. Wer Menschen ihre Existenz und Identität abspricht, sich über sie lustig macht und anfeindet, hat die Community verlassen. 

Die Wurzeln dieser transfeindlichen Sichtweise reichen dabei weit zurück. Schon seit den 60er Jahren war der transexklusive radikale Feminismus Thema in britischen und amerikanischen feministischen Kreisen. Über die Jahre wurde Transgeschlechtlichkeit dann oftmals in den Debatten wieder ausgeblendet. 

Es sei daran erinnert, dass zwei der bedeutenden Aktivistinnen der Stonewall-Proteste, nämlich Marsha P. Johnson und Sylvia Lee Rivera Transfrauen waren. Wer Trans* leugnet, negiert die Wurzeln unserer queeren Bewegung. Einer Bewegung, die uns erst ermöglicht hat, dass wir heute so über diese Themen in der Öffentlichkeit diskutieren können. 

Die Anfeindungen, die es eben auch von Lesben und Schwulen gibt, sie liefern dabei eine dankbare Argumentation für rechts-konservative Kreise. Diese haben den Ball aufgenommen und heizen die Dämonisierung weiter an. Vor allem das bewusste Spiel mit dem absurden Argument, dass männliche Sexualstraftäter die Transidentität vorsätzlich ausnutzen werden, um in Schutzräume von Frauen einzudringen, ist perfide. Es spielt gefährdete Gruppen gegeneinander aus. Leicht zu entlarven ist dieses Argument, wenn wir nach Argentinien, Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg, Malta, Norwegen und viele weitere Länder schauen, in denen Regelungen, wie sie das Selbstbestimmungsgesetz nun vorsieht, schon gelten. Keine der auch hier nun lautstark formulierten Gefahren hat sich als wahr erwiesen. (Quelle: freitag.de, Was bedeutet TERF?)

Muss ich als Mitglied der Community im Umkehrschluss nun alles gut finden, verstehen und akzeptieren? 

Keineswegs. Unsere LGTBIQ* Community besteht selbstverständlich aus viele Subgruppen. 

Wir Menschen sind vielfältig.

Wir sind ja in uns selbst schon oft voller Widersprüche. Erst Recht daher in Bezug auf Andere.

Nur, weil wir eine gleiche sexuelle Identität oder eine gleiche geschlechtliche Identität haben, unterscheidet uns trotzdem sehr viel.

Was uns jedoch als LGBTIQ* eint ist: wir werden ausgegrenzt und abgewertet. Uns wird das Recht darauf, Mensch zu sein, abgesprochen.

Was uns eint ist: wir alle widersprechen dem Bild des „normalen Menschen“. Als wenn es einen normalen Menschen gäbe. Es gibt eine aktuell definierte Normalität. In unserer Gegend christlich geprägt. 

Was uns unterm Regenbogen vor allem eint: Wir akzeptieren uns in genau dieser Vielfalt und Unterschiedlichkeit. Wir begegnen uns mit Respekt und achten die unterschiedlichen Identitäten. Wir wissen, dass es die Kraft wert ist, die das erfordert.  

Wir wissen, dass Menschenrechte unendlich teilbar sind, ohne ihre Kraft zu verlieren. Niemand hat weniger Würde, wenn wir uns mit Respekt und Akzeptanz begegnen. Oder um bei Symbolen zu bleiben: Es ist der Sonne egal, auf wieviele Menschen sie scheint. 

Als CSD Deutschland verstehen wir uns als Querschnittsorganisation. Der Regenbogen aus LGBTIQ* ist Vielfalt pur. Anstrengend und bereichernd. Komplex und herausfordernd. Wir stellen uns dem aus der tiefen Überzeugung, dass alle Menschen lebenswerte Menschen sind. So unverständlich sie uns auch zuerst erscheinen. 

Wer jedoch den bequemen Weg geht, wer Gewalt und Ausgrenzung den Vorzug vor Akzeptanz und Respekt gibt, verlässt den gemeinsamen Regenbogen. Wen das Leid des einen gegen das Leid der Anderen aufrechnen wird, da versagen wir unsere Solidarität.

Beim CSD soll ein*e jede*r nach seiner Facon glücklich sein dürfen. Sofern es keine Rechte Anderer begrenzt. Wer das tut, verlässt die Community. Wer das tut, stellt sich gegen alles, wofür wir mit dem CSD kämpfen. Gegen unsere Wurzeln in der Christopher Street. 

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