VERSION JUNI 2022:

Hallo Community!

Es ist so schön, wieder hier zu stehen. Auf den Platz zu blicken und so viele hier zu sehen, die gegen Ausgrenzung, Hass und Diskriminierung auf die Straße gehen! Wir schreiben das Jahr 2022.
Das dritte Jahr mit der Pandemie, die unseren Aktivismus und unser Wirken als CSD’s herausfordert.

Doch wir sind auch im Jahr 1 der neuen Regierungskoalition in Berlin. Die selbsternannte Zukunftskoalition verspricht nicht weniger als eine Zeitenwende. Tatsächlich scheint für uns LGBTIQ+ so etwas anzustehen.
Erstmals hat eine Bundesregierung einen Beauftragten für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt bestellt. Es scheint ihr also ernst zu sein. Dazu gratulieren wir als CSD Deutschland Sven Lehmann und der neuen Regierung ausdrücklich.

Und es liest sich zu schön, um wahr zu sein, was da alles geplant ist. Dabei ist es doch nur die Ankunft in der Realität:

_ endlich die Abschaffung oder mindestens Reform des Transsexuellengesetzes hin zu einer echten
Selbstbestimmung von Trans*
_ die Schaffung von Verantwortungsgemeinschaften und damit die Anerkennung der Vielfalt in Bezug auf Partnerschaften, statt eine dogmatische Ehefixierung

Und in diesem Rahmen ein nationaler Aktionsplan für die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt entwickelt und Deutschland zum Vorreiter beim Kampf gegen Diskriminierung werden.

Und sogar unsere Kernforderung nach der Absicherung im Grundgesetz Artikel 3 und dessen Ergänzung um das Merkmal der sexuellen Identität steht im Koalitionsvertrag.

Doch Achtung liebe Regierung! Das ist zu kurz gesprungen. Denn es braucht die Ergänzung um die sexuelle und die geschlechtliche Identität! Wir werden dieses Vorhaben aufmerksam begleiten und sind auf die Ergebnisse gespannt. Die CSDs jedoch, werden der neuen Regierung genau auf die Finger schauen und die Umsetzung dieser Versprechen anmahnen.

Doch auch eine andere Zeitenwende hat uns ereilt.

Und ich kann nicht hier stehen und für Gleichberechtigung und Freiheit eines jeden sprechen, ohne auf den Krieg einzugehen, der im Osten Europas tobt.
Wir hofften diesen Sommer wieder einigermaßen unbeschwert die Straßen im Kampf für unsere Rechte zu erobern, mit dem Ziel mehr Sichtbarkeit zu erreichen und eine Plattform für alle Mitglieder unserer breiten Community anbieten zu können.

Der CSD ist eine Demonstration für die rechtliche Gleichstellung aller Menschen, für Akzeptanz und für ein friedvolles und von gegenseitigem Respekt geprägtes Leben aller miteinander.
Doch nun müssen wir dieses Jahr in unserer unmittelbaren Nachbarschaft erleben, wie grundlegende Menschenrechte in verbrecherischer Art und Weise mit den Füßen getreten werden.

Ein freiheitsliebender Staat wird aus Angst vor zu viel Demokratie, vor zu viel „Verwestlichung“ angegriffen, seine Bewohner*innen beschossen und aus dem eigenen Land vertrieben. Aus Angst vor gelebter Demokratie, aus Angst vor Verlust des Einflussbereichs und aus kleingeistigem Machtstreben heraus. Und wohl auch aus der Angst – vor der eigenen Schwäche.
Denn uns scheint, wir sehen hier nur das, was wir so oft sehen, wenn weße cis-Männer alt werden und nicht damit klarkommen, dass die Welt sich weiterdreht: sie schlagen aggressiv um sich. Sie schieben die Verantwortung auf alle, die anders sind.

Auch unsere Community wird vom Aggressor als ein Mitgrund für den Überfall auf die Ukraine genannt. Mal sind wir „dekadent“, dann wieder „verweichlicht“, dann wieder „unnatürlich“.
Wir wissen, welchen Bedrohungen, Schikanen und oft genug auch tödlicher Verfolgung LGBTIQ+ in Russland und seinen Vasallenstaaten, wie Belarus, oder Tschetschenien ausgesetzt sind.
Die Ukraine war für viele ein sicherer Hafen, um dem zu entfliehen.

Doch noch etwas anderes wird dabei allzu deutlich sichtbar. Wie viele Menschen immer noch nach dem äußeren Schein urteilen.
Sobald die Menschen, die zu uns flüchten, weiß sind, sobald sie nur ähnlich genug aussehen, erwacht unsere Hilfsbereitschaft und wir sind zu allem bereit. Doch kaum ist die Hautfarbe anders, kaum ist die Kultur von unserer zu verschieden – da wird Ablehnung sichtbar.

Wir stehen hier einerseits in Solidarität mit Lesben, Schwulen, trans* und inter* Menschen, von bi- und
a_sexuellen Menschen überall auf der Welt.
Doch wir stehen hier auch in Solidarität mit allen Menschen, die verfolgt werden und die keinen Schutz und keine Anerkennung finden.
Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie es ist, so behandelt zu werden! Solange wir nämlich heterolike aussehen und uns benehmen, haben wir oft auch nichts zu befürchten. Doch wehe dem, wir sind offensichtlich anders.

All die Rechte, die überwiegende Akzeptanz in der Gesellschaft, die wir hier in Deutschland über viele Jahre erreicht haben, die für einige junge Menschen so selbstverständlich scheinen, wurden über Jahrzehnte erkämpft und erstritten.
Ganz Osteuropa, vielleicht auch wir, blicken nun in den Abgrund, der da kommen kann:
Die Menschen müssen sich wieder verstecken, ihr wahres Ich verleugnen. Und allein sich über Nicht-Hetero-Normative Lebensweisen zu informieren ist nahezu strafbar. Selbst im als fortschrittlich geltenden Amerika, genauer in Florida, hat man ein Gesetz erlassen, welches das Reden über Trans* verbietet. Aus purer Angst und Panik vor der Existenz von mehr als einer so einfachen Welt aus relevantem Mann und untergeordneter Frau.

Dem spürbaren Klimawandel, der zunehmende Kriegsgefahr für ganz Europa, vor der soziale Spaltung.
Doch niemals, wirklich niemals vor einem Mitmenschen, wenn dieser doch nichts mehr will, als in Einklang mit sich zu leben und die eigene Identität zu finden und zu verwirklichen.

Auch bei uns in Deutschland wird seit Jahren von rechtsaußen permanent in die gleiche reaktionäre Richtung agitiert. Und so demonstrieren wir hier heute nicht nur für uns.
Nein. Wir stehen hier in Solidarität mit allen Minderheiten, die nicht frei und sicher leben können, gleich welcher Religion und welcher Hautfarbe.
Wir stehen hier für die Einhaltung der Menschenrechte.
Wir stehen hier und demonstrieren für alle, die das nicht tun können oder dürfen!

Happy Pride!

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VERSION APRIL 2022:

Wir schreiben das Jahr 2022. 

Das dritte Jahr mit der Pandemie, die unseren Aktivismus und unser Wirken als CSD’s herausfordert. 
Und im Jahr 1 der neuen Regierungskoalition in Berlin. Die selbsternannte Zukunftskoalition verspricht nicht weniger, als eine Zeitenwende. Tatsächlich scheint für LGBTIQ+ so etwas anzustehen.

Erstmals hat eine Bundesregierung einen Beauftragten für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt bestellt. 
Dazu gratulieren wir Sven Lehmann und der neuen Regierung ausdrücklich. In diesem Rahmen soll ein nationaler Aktionsplan für die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt entwickelt und Deutschland zum Vorreiter beim Kampf gegen Diskriminierung werden. 

Wir werden dieses Vorhaben aufmerksam begleiten und sind auf die Ergebnisse gespannt. 
Denn allzu oft wurden Wahlversprechen nicht eingehalten! Die CSD’s jedoch, werden der Regierung genau auf die Finger schauen und die Umsetzung anmahnen. 

Doch auch eine andere Zeitenwende hat uns ereilt.

Wir hofften diesen Sommer wieder einigermaßen unbeschwert die Straßen im Kampf für unsere Rechte zu erobern, mit dem Ziel mehr Sichtbarkeit zu erreichen und eine Plattform für alle Mitglieder unserer breiten Community anbieten zu können. 

Der CSD ist eine Demonstration für die rechtliche Gleichstellung aller Menschen, für Akzeptanz und für ein friedvolles und von gegenseitigem Respekt geprägtes Leben aller miteinander.
Nun müssen wir dieses Jahr in unserer unmittelbaren Nachbarschaft erleben, wie grundlegende Menschenrechte in verbrecherischer Art und Weise mit den Füßen getreten werden.

Ein freiheitsliebender Staat wird aus Angst vor zu viel Demokratie, vor zu viel „Verwestlichung“ angegriffen, seine Bewohner*innen beschossen und aus dem eigenen Land vertrieben. Aus Angst vor gelebter Demokratie, aus Angst vor Verlust des Einflussbereichs und aus kleingeistigem Machtstreben heraus. Und wohl auch aus der Angst – vor der eigenen Schwäche.

Auch unsere Community wird vom Aggressor als ein Mitgrund für den Überfall auf die Ukraine genannt. Mal sind wir „dekadent“, dann wieder „verweichlicht“, dann wieder „unnatürlich“.

Wir wissen welchen Bedrohungen, Schikanen und oft genug auch tödlicher Verfolgung LGBTIQ+ in Russland und seinen Vasallenstaaten, wie Belarus, oder Tschetschenien ausgesetzt sind. 

Die Ukraine war für viele ein sicherer Hafen, um dem zu entfliehen.

All die Rechte, die überwiegende Akzeptanz in der Gesellschaft, die wir hier in Deutschland über viele Jahre erreicht haben, die für einige junge Menschen so selbstverständlich scheinen, wurden über Jahrzehnte erkämpft und erstritten. 

Ganz Osteuropa steht am Abgrund jeglicher Möglichkeiten in diese Richtung zu kommen. Die Menschen müssen sich wieder verstecken, ihr wahres Ich verleugnen. Und allein sich über Nicht-Hetero-Normative Lebensweisen zu informieren ist nahezu strafbar. Und auch bei uns in Deutschland wird seit Jahren von rechts-außen permanent in die gleiche reaktionäre Richtung agitiert.

Wir stehen hier in Solidarität mit allen Menschen die verfolgt werden! Wir stehen hier in Solidarität mit Lesben, Schwulen, trans* und inter* Menschen, von bi+- und a_sexuellen Menschen.

Wir stehen hier in Solidarität mit allen Minderheiten, die nicht frei und sicher leben können, gleich welcher Religion und welcher Hautfarbe. 

Wir stehen hier für die Einhaltung der Menschenrechte.

Wir stehen hier und demonstrieren für alle, die das nicht tun können oder dürfen!

Euer CSD Deutschland Vorstand

Grußwort CSD Deutschland e.V. 2022 gesprochen von Kai Bölle.

Das Grußwort als Download – Version vom April 2022

Das Grußwort als Download – Version vom Juni 2022 – als Rede formuliert.
©-Hinweis: Das Grußwort kann und soll unter Nennung des CSD Deutschland e.V. unverändert genutzt und selbstverständlich zitiert werden. Inhaltliche Änderungen bedürfen vorheriger Rücksprache.